Geduldsfaden.

Wer mich kennt, der weiß, dass ich warten hasse. Sprich, ich bin ungeduldig. Ich will etwas jetzt, jetzt sofort! Eigentlich sollte ich den Spitznamen Frau Ungeduld tragen. Ich bin nicht nur die Ungeduld in Person, sondern auch regelrecht jähzornig.

 

Beispielhaften Anekdoten aus der Kindheit kann ich gar nicht nennen, weil ich mich komischerweise an solche Situationen oder allgemein an meiner Kindheit nicht wirklich erinnere.

 

Was halt leider wahr ist, ist, dass die Ungeduld immer mit Wutanfällen gekoppelt ist. Von jetzt auf gleich spüre ich, wie die Wut in mir brodelt. Aber hey, genauso schnell, wie die Wutanfälle kamen, waren sie auch wieder verschwunden. Und man wird ja auch älter. Vernünftiger. Weiser. Im Laufe der Jahre bin ich viel ruhiger geworden, auch durch meinen Mann, der die Ruhe in Person ist. Vielleicht hat es etwas abgefärbt. Gut, hin und wieder kommt es über micht. Aber generell würde ich sagen, dass ich mich gebessert habe.

 

Leider muss ich sagen, dass ich in den letzten Monaten wieder häufiger Spüre, wie die Hitze in mir aufsteigt. Ein quengelndes Kind gepaart mit Schlaflosigkeit und Arbeit können die schlechtesten Eigenschaften in uns hervorbringen… ! Zum Glück bin ich keine 15 mehr und kenne mich und meine Wutanfälle und habe sie unter Kontrolle. Trotzdem passiert es ab und an, dass ich laut werde.

 

Wenn Eltern an ihre Grenzen kommen, rutschen ihnen schnell harte Worte heraus. Man muss halt drauf achten, wie man sich ausdrückt. Auch ein 15 Monate altes Kleinkind vesteht schon ganz genau, was man sagt. Es sollte nicht verletzend oder gar bedrohend sein. Und ich denke, ihr werdet mir recht geben, dass mal Dampf ablassen in Ordnung ist. Die Kinder aber anzubrüllen, sie mit Worten zu erniedrigen, sie zu schubsen oder sogar zu schlagen ist eine andere Dimension. Gewalt spielt sich nicht nur auf der körperlichen, sondern auch auf der verbalen Ebene ab.

 

Ein Kind spürt genau, ob Eltern nur wütend oder verzweifelt sind, weil ihnen alles über den Kopf zu wachsen droht oder ob es persönlich angegriffen wird. Wenn man zu den Menschen gehört, bei denen diese Grenze verschwimmt, sollte man sich Hilfe von außen holen, zum Beispiel bei einer Erziehungsberatung. Dann ist es unerlässlich, Strategien zu entwickeln, um sich zu beherrschen, Nicht zuletzt deshalb, weil man als Elternteil eine Vorbildfunktion hat und das Kind sonst nicht lernen kann, eigene Konflikte ruhig zu lösen.

 

Was ist also die Lösung, wenn der Geduldsfaden mal wieder platzt? Bis zehn zählen, um die Explosion zu verhindern!  Ja. So banal es klingt - die erste und beste Strategie ist durchatmen und bis zehn zählen. Wenn die Kinder nicht zu klein sind, verlässt man dazu am besten den Raum, um nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich Abstand zu gewinnen. Denn wenn einem gleich der Kragen platzt, ist die Fähigkeit zur klaren Wahrnehmung eingeschränkt.  

 

 

Und als nächstes? Tja, auch Kinder haben das Recht auf eine Entschuldigung. Und das ist auch sehr wichtig! Wenn ich gegenüber Karl laut werde, habe ich sofort ein schlechtes Gewissen. Denn ich weiß, dass ich ihm unrecht tue. Ich entschuldige mich sofort bei ihm. Und ich denke, er spürt, dass es mir leidtut.

 

Ich bin gespannt, von wem Karl den Charakter annehmen wird. So manchmal habe ich das dumpfe Gefühl, er wird wie ich. Wenn er etwas nicht kriegt, fängt er an zu weinen oder jammert so lange rum, bis er es kriegt. Spätestens in 16 Jahren wird er sich dann bei mir rächen, dass ich früher so ungeduldig war. ;-)