Zeit für Veränderung?

Kennt ihr dieses Gefühl auch? Da sitzt man mit Kolleginnen oder Freunden zusammen und hört dann nur "Ich fang jetzt mit Kickboxen an. Ich brauch mal einen neuen Kick, ständig nur Joggen geht gar nicht." Die Nächste ist gerade wieder umgezogen, weil sie sich nach spätestens zwei Jahren in ihren vier Wänden langweilt. Gut, umgezogen bin ich auch mehr als genug, im Gegensatz zu manch anderen. Wenn man z.B. meine Schwester fragen würde, wie lang Sie eigentlich schon in selben Ort wohnt, müsste Sie wohl zugeben „mein ganzes Leben“.

 

Ständig ändert sich etwas bei meinen Freundinnen: ein Mann, ein Wohnort, ein Job.

Bei mir ist es wieder der gleiche Wohnort, aber nicht, weil ich unbedingt hier wohnen will, sondern weil ich auf die Unterstützung meiner Eltern angewiesen bin. 

 

Bin ich zu phlegmatisch, zu verkalkt, zu einfallslos, dass ich immer noch im Prinzip dasselbe Leben habe?

 

Wie gerne würde ich was ändern. Wegziehen. Wieder nach Sindelfingen, oder in die Schweiz, Österreich - weg. 

Auch Jobmäßig. Seit 9 Jahren in der selben Hauptabteilung - gut, einen Wechsel gab es in einen anderen Fachbereich nach der Elternzeit - aber ansonsten? Ich klebe an meinem Stuhl fest... eigentlich Zeit für Veränderung, oder?

 

Selbstoptimierung heißt das Zauberwort, und manchmal strengt mich das richtig an. Dieser Wahn, immer das Alleräußerste aus sich herausholen, sich ständig häuten zu müssen. Turnen bis zur Urne, Gehirnjogging, die Welt erkunden, die eigene Mitte finden, bloß kein Stillstand! Einer geht noch! Das schaffe ich zwar manchmal im Fitnessstudio bei den Wiederholungen, aber ansonsten... bin ich „eingeschlafen“? 

 

Ich mein, die größte Veränderung war sicherlich, sich 2020 zu trennen und scheiden zu lassen - thank god for that! Long time overdue! Ich hätte das wie geplant schon 2017 durchziehen sollen...

Letzten Sommer dann schnipp-schnapp Haare ab... aber seit dem? Was tut sich denn so noch? Eigentlich nix.

 

Aber manchmal habe ich trotzdem ein schlechtes Gewissen, wenn mir eine Kollegin von ihrer Trekkingtour in Nepal vorschwärmt, während ich es nicht mal in Erwägung ziehe, Asien zu bereisen, geschweigeden, Rucksacktouren auszuprobieren. Dann fühle ich mich wie ein faules, bequemes Weichei. Doch was soll ich machen? Ich liege nun mal lieber am Pool, als in einem eisigen Zweimannzelt. Ich mag es gern gemütlich, sauber und vertraut. Und da gehört nun mal dazu, dass man genau weiß, in welchem Hotel oder Bett ich heute Nacht schlafe. Allein für paar Monate mit dem Backpack in das Ungewisse, nein danke.

 

Es gibt wohl drei Stufen im Leben: die Aufregung, wenn es etwas Neues gibt, die Freude, wenn man etwas Vertrautes wiedertrifft – und dann den Moment, in dem man denkt: "So, jetzt brauche ich mal was anderes." Und da sind die Grenzen eben fließend. Nur ist die Bewertung dieser Grenzen eindeutig. Zugegebenerweise habe ich mich lange in Phase drei befunden und wollte immer nur weg, von einem Platz zum Nächsten, wie ein Zigeuner. Dann war ich 10 Jahre verheiratet, habe nichts mehr unternommen, kein Alkohol, keine Zigaretten, kein Tanzen und fühlte mich oft wie jemand, der das tobende Leben vom Bett aus beobachtet.

Ich dachte damals: "Mir gefällt mein Leben, ich will es nicht ändern", dass ich es nicht mehr „brauche“, abends in die Disco zu gehen, oder zu „saufen“. Aber im Nachhinein war ich in einem Käfig. Und hatte lange nicht den Mut, da auszubrechen...

 

Gut, immerhin habe ich es geschafft, abzunehmen und etwas für meine Figur zu tun seit der Trennung. Und hoffentlich bleibt hier auch die Motivation bestehen. Aber ansonsten? Am liebsten würde ich jemanden engagieren, der mich wachrüttelt und mich wieder motiviert, mich zu optimieren... Neue Frisur? Neuer Look? Neuer Wohnort oder neuer Job?

 

Der moderne, authentische Mensch ist immer auf der Suche nach Veränderung, er muss seine Grenzen ausloten und jugendlich überschreiten. Die Welt ist bunt und will erobert werden. Aber wie groß das Stück ist, das man erobern will, muss jeder für sich selbst entscheiden...

 

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