Liebeskiller Erziehung.

Wenn man meinen Mann und micih einzeln auf der Couch Platz nehmen lassen würde, würden wir auf andere sicher frustriert und erschöpft wirken. Seit Karl da ist, ist Erziehung ein ständiges Streitthema bei uns. Und ganz ehrlich, die Partnerschaft droht daran zu zerbrechen.

 

 

 

Wie viele andere Paare waren wir nicht darauf gefasst, was es bedeutet, Eltern zu sein. Beim ehrlichen Austausch im Freundeskreis fallen schon mal drastische Sätze wie "ein Kind ist wie eine Atombombe für die Beziehung". 

 

 

Bei uns ist es einfach so, dass ich nicht alles erlauben möchte und mein Mann ALLES erlaubt. Will Karl 4mal am Tag baden, wird er eben vier Mal am Tag gebadet. Will er zum Frühstück Schokolade, und nur Schokolade, bekommt er das von meinem Mann. Und bei mir steigt die Wut und die Spannung in meinem Gesicht ist sichtbar: Stirnrunzeln, voneinander weggedrehte Körper, skeptische Blicke.

 

 

Wie ist es bei euch? Ich habe das Gefühl,  ich bin die Familienmanagerin und trage den Löwenanteil der Arbeit und Verantwortung. Und natürlich bin ich strenger zu unserem Karlito und bemüht, alles unter Kontrolle zu behalten. Mein Mann fühlt sich im Familienalltag gefangen, vermisst die alten Freiräume und erlebt mich nur noch als gereizt und hysterisch. Vier Streitthemen kristallisieren sich heraus:

 

  • Ordnung
  • Aufgabenverteilung
  • Zeitmangel
  • Kommunikation

 

Navin reagiert genervt, wenn ich hinter Karl aufräume. Er findet, dass doch alles so bleiben könnte und man nicht aufräumen muss, da Karl später oder morgen damit wieder spielt. Ich hingegen brauche diese Kontrolle, weil mir das Chaos sonst entgleitet und ich durchdrehe, wenn nicht alles an seinem Platz steht. Mein Mann handelt nur nach Auftrag, wenn man ihm sagt, dass er was machen soll, macht er es auch. Aber ansonsten tut er nix und ich bin diejenige, die ihm und Karl dient.

 

 

Traurig gesagt ist alles perfekt organisiert, aber als Paar haben wir uns ziemlich entfremdet. Ich denke, dass wir als Eltern funktionieren, aber als Paar immer weiter auseinanderdriften. Der Arbeits- und Familienalltag frisst so viel Energie, dass in der Partnerschaft schnell die Akkus leer sind.

 

 

Ich möchte gerne raus aus dem Teufelskreis. Aber was ist die Lösung? Eine Familienkonferenz? Dafür ist Karl noch zu klein. Reden? Das habe ich schon so oft versucht. Schaut man einmal weg, macht Karl wieder, was er will, und nicht, was er soll. Jeder fällt schnell wieder ein sein Schema zurück. Ich finde es schade, denn ich habe Angst, dass dieses „Alles erlauben“ Karl einfach schaden wird.

 

 

Wenn es nach Erziehungswissenschaftlern geht, können sich Eltern so manchen Streit über Aufräumen, Fernsehkonsum und Schlafenszeiten ersparen und sich das Leben etwas leichter machen. Anscheinend müssen die Eltern in der Erziehung nicht zwingend einer Meinung sein bzw. eine einheitliche Linie vertreten.  

 

 

Ja, ist ja auch korrekt. In vielen Familien ist es Realität, dass die Eltern nicht immer an einem Strang ziehen. Und oft funktioniert es ja auch, dass ein Elternteil strenger als der andere ist. Aber so ganz kann ich mich damit nicht anfreunden. Ein Problem wird das erst recht, wenn sich die Eltern gegeneinander ausspielen lassen.

 

Und nun? Die eigene Persönlichkeit zu entfalten und sich seinem Temperament entsprechend zu verhalten? Trotzdem sollten wir uns aber einig sein, in welche Richtung es gehen soll. Dafür müsste uns beiden klar sein, dass der Erziehungsstil des Partners nicht falsch, sondern anders ist. Und das versuch mal einer zu erklären… jeder ist ja der Meinung, er macht es richtig.

 

 

Schwierigkeiten, die in Zweierbeziehung schon unterschwellig existiert haben, brechen im Alltag als Familie handfest hervor. Das gilt zum Beispiel für Kommunikation und Streitkultur. Wenn Eltern schon zu zweit nicht gut über individuelle Bedürfnisse reden, konstruktiv streiten und Konflikte lösen können, wird das im Familienalltag noch schlechter gelingen. Dann wird der Satz "Wir haben ja nie Zeit" leicht zum Vorwand, um sich Konflikten nicht stellen zu müssen. Und leider trifft das bei uns auch zu, Kommunikation ist einfach der Knackpunkt. Ich weiß es, aber es lässt sich schwer ändern.

 

 

Und wenn wir endlich mal einander das Herz ausschütten würden? Aber auf eine anständige Art und Weise, also keine Vorwürfe erheben, sondern über die eigenen Gefühle sprechen? Ungestörte Redezeit. Wäre sicher für uns beide dringend nötig und eine aufwühlende Erfahrung, die viel Unausgesprochenes zutage fördern würde. Wir müssen einfach beide erkennen, wie wichtig es ist, einander nahe zu bleiben und daran zu arbeiten. Oder es öffnet seinem die Augen für das "was man da so macht."

 

 

"Liebe sollte im Zentrum der Erziehung stehen“ – in diesem Sinne, gutes Gelingen und ich hoffe, dass es bei uns kein Liebeskiller ist.