Feedback.

Manchmal schon erstaunlich, was Leute für Kommentare über einen abgeben. Natürlich darf jeder seine Meinung haben, absolut korrekt. Aber ich bin trotz allem verwundert, dass Leute nicht sachlich bleiben können. Wenn man mich als Person nicht mag, dann hat das doch nichts mit meiner Leistung zu tun, oder?

 

Wie kann man heutzutage herausfinden, was andere wirklich über einen denken?

Wie oft erlebt man, dass Menschen zuerst Süßholz raspeln und erst hinter deinem Rücken offenbaren, was sie wirklich über einen denken? Die ehrliche Meinung anderer ist offenbar schwer zubekommen, sie ist allerdings wichtig, um die Qualität unserer Beziehungen zu verbessern. Doch wie bekommen wir die ehrliche Meinung anderer über uns zu hören?

 

Nur, wenn mir jemand wirklich sagt, was ich falsch mache, kann ich doch was ändern, richtig? Ein klares Feedback – ein eher seltenes Vergnügen. Es fängt ja schon bei kleinen Dingen an. Vor ein paar Wochen waren wir in Belgien in einem italischen Restaurant essen. Es sah von außen super schön aus, und es war auch recht voll. Jedoch war das Essen nicht so berauschend. Als der Kellner abräumte,  fragte er höflich: „Hat es Ihnen geschmeckt?“ Wir sahen uns an, und wussten erst nicht, ob wir was sagen sollten oder nicht. Dann meinte mein Mann,  „Also, wenn ich ehrlich bin, war es nicht so gut.“ Der Kellner wirkte überrascht. „Warum denn nicht?“ wollte er wissen. „Ich weiß nicht, aber es war irgendwie nicht so gut.“ sagte mein Mann. Der Kellner wollte wissen, was genau nicht gut war, aber konkret konnten wir ihm nicht antworten, denn es war das Gesamtbild. Der Service, das Essen, die Qualität.

 

Feedback einzuholen kann riskant sein – welches zu geben aber auch. Ja, es ist nicht ohne Risiko, jemanden nach seiner Meinung zu fragen, denn die Antworten könnten äußerst unbefriedigend ausfallen. Umgekehrt ist es auch nicht einfach, jemandem ehrlich die eigene Meinung zu sagen. Der andere könnte verärgert, verletzt oder beleidigt reagieren. Bevor man so eine negative Reaktion einholt, sagt man lieber nichts oder gibt eine unverbindliche und deswegen wenig ehrliche Antwort. Wenn das schon bei so harmlosen Themen wie dem Geschmack des Essens geschieht, dann noch viel mehr bei wirklich heiklen Themen. Was der Kellner sicher hören wollte war ein Lob: „Danke, das Essen hat prima geschmeckt.“ Das wir nichts positives gesagt haben, kam für ihn unerwartet und rief einen gewissen inneren Widerstand hervor. Damit ist der Mann kein Einzelfall. Lob und Anerkennung – positives Feedback – hören wir schließlich alle gern und bekommen nie genug davon. Kritische Rückmeldungen dagegen empfinden wir als unerfreulich, selbst wenn wir ihren Nutzen durchaus anerkennen. Wer ehrlich ist, wird zugeben, dass er nicht gern kritisiert wird. Die negativen Gefühle, die mit Kritik verbunden sind, übertragen sich oft auf die Person, die sie vordergründig auslöst, eben auf den Kritiker. Ich meine, ihr kennt es doch sicher auch. Man gibt jemanden eine Rückmeldung, meint es gut, und derjenige versteht es falsch oder unterstellt, man sei neidisch oder besonders kritisch.

 

Und? Hand aufs Herz! Manchmal haben wir auf Kritik durch andere, selbst durch Menschen, die uns ganz bestimmt wohlwollend gegenüberstehen, schon genauso reagiert.

 

Wenn Feedback so heikel ist, warum wollen und sollten wir dann eigentlich welches bekommen? Ganz einfach: Weil wir sonst nicht erfahren werden, was andere von uns halten. Und das ist keineswegs gleichgültig. Im ersten Beispiel ist es wichtig, weil ein Restaurant, in dem es einem nicht schmeckt, nicht lange existieren kann. Im Beruf ist es wichtig, weil die Meinung, die mein Chef von mir hat, über mein berufliches Fortkommen und die Sicherheit meines Arbeitsplatzes (mit-) entscheidet. Weil das, was die Kollegen über mich denken, mit darüber bestimmt, wie sie mit mir umgehen und wie sich als Folge davon das Betriebsklima entwickelt.

 

Auch im Privatleben gilt: Beziehungen werden umso besser und stabiler sein, je besser wir einschätzen können, wie unser Verhalten auf unsere Familie und Freunde wirkt und von diesen interpretiert wird.

 

Aber welcher Nutzen hat ein ehrliches Feedback? Jeder Mensch nimmt sich selbst wahr und hat ein Bild davon, wer und wie er ist. Dieses Bild ist geprägt vom eigenen Selbstwertgefühl, von den persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen, von den individuellen Begabungen und Talenten und auch von dem, wie andere Menschen einem begegnen. Jeder Mensch hat neben seinem Selbstbild auch ein Wunschbild von sich, also eine Vorstellung davon, wie er gern wäre oder gern wahrgenommen würde. Dieses Wunschbild dient der Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit. Wo das Selbstbild sehr stark vom Wunschbild abweicht, kann das für den Betreffenden sehr unangenehm sein. Aber ich glaube, gerade hier gibt es oft das größte Problem. Manche haben so ein falsches Bild von sich. Unsere Mitmenschen machen sich ebenfalls ein Bild, das Fremdbild. Jeder Mensch tut das durch seine persönliche „Brille“, aus seinem individuellen Selbst und seinen Erfahrungen heraus, weswegen es nicht ein einziges, übereinstimmendes Fremdbild von uns gibt, sondern viele verschiedene.

 

Warum ich jetzt so ausschweife? Genau hier liegt der Sinn des Feedbacks: Es dient dazu, das Bild, das andere sich von uns machen, mit dem Bild abzugleichen, das wir selbst von uns haben. Wenn sich zwischen diesen beiden Bildern Abweichungen ergeben – und das ist unvermeidbar –, können wir daraus etwas über uns selbst lernen und es zur Weiterentwicklung unserer Persönlichkeit in die Richtung unseres Wunschbildes nutzen. Und nicht nur das: Wir lernen gleichzeitig etwas über die jeweilige Person, die uns Feedback gibt. Die Rückmeldung dazu, wie jemand anders uns erlebt, sagt nämlich über ihn oder sie, seine oder ihre Wahrnehmung und Interpretation genauso viel aus wie über uns.

 

Ein gutes Feedback ist in vielerlei Hinsicht erhellend.  Es kann, beispielsweise im beruflichen Umfeld, gewissermaßen überlebenswichtig werden. Nur wenn ich Feedback bekomme, wo ich etwas ändern oder verbessern soll, kann ich dies auch umsetzen und den Erwartungen gerecht werden.

 

Und wie erkenne ich ein Feedback? Viele tun sich schwer damit, Feedback in offene Worte zu fassen. Aber ihr Körper „spricht“ ebenfalls, beispielsweise durch seine Haltung, Gestik, Mimik, Wortwahl und den Tonfall. Schärfe deine Aufmerksamkeit für diese nonverbalen Feedback-Signale. Lehnt sich dein Gesprächspartner zurück und lässt seinen Blick aus dem Fenster schweifen? Dann scheint das, was du sagst, ihn nicht besonders zu fesseln. Kann es daran liegen, dass du schon zu lange redest oder dass das Thema ihn gar nicht interessiert?

 

Oder unterbricht dich dein Gegenüber mehrmals, fällt dir ins Wort oder stellt Fragen wie „Und was ist denn jetzt dabei herausgekommen?“ Dann kann das daran liegen, dass du es mit einem sehr ungeduldigen Zeitgenossen zu tun hast. Vielleicht könnte es aber auch sein, dass du ein wenig zu ausschweifend und langatmig erzählst und er oder sie das Gefühl hat, du würdest einfach nicht auf den Punkt kommen.

Tja, wie man unschwer erkennen kann, indirektes Feedback lässt einen relativ großen Interpretationsspielraum zu.

 

Egal was gesagt oder kommentiert wird, man sollte es nicht überinterpretieren.

Interpretationen können Fehleinschätzungen widerspiegeln. Das sollte einem bewusst sein. Es gibt beispielsweise Menschen, die hinter jeder Kleinigkeit eine Missachtung oder Kränkung ihrer Person sehen. Wenn man einmal tief in Gedanken versunken an einem vorübergeht und nicht grüßt, fühlt man sich „geschnitten“, wenn man einmal nicht ausgiebig nach der Gesundheit fragt, versteht man das als Desinteresse, und wenn man die Arbeit nicht überschwänglich lobt, deutet man das schnell als Missachtung oder Kritik.

 

Und wie machen wir’s jetzt besser? Eigentlich kennen wir manche Menschen so gut, dass wir auch kleine indirekte Botschaften genau richtig verstehen. Den indignierten Blick der Mutter, wenn der Hund  von draußen auf den weißen Berberteppich galoppiert, das Augenverdrehen des Liebsten, wenn man wieder einmal den Lieblingswitz erzählt, oder das entnervte „Mensch, Papa!“, wenn man vor seinen Freunden gesagt bekommt, dass man um Mitternacht zu Hause zu sein hat.

 

In anderen Fällen oder bei anderen Personen könnte man es mit folgenden Sätzen ansprechen:

  • „Sie haben schon ein paar Mal auf die Uhr geschaut. Ist Ihnen meine Präsentation zu weitschweifig oder sind Sie in Zeitdruck?“
  • „Ihre Augenbrauen sind gerade ziemlich in die Höhe gewandert. Darf ich daraus schließen, dass meine Behauptung Sie erstaunt?“
  • „Also wenn ich deinen Gesichtsausdruck richtig interpretiere, findest du dieses Kleid nicht gerade umwerfend?“

 

Trau dich, nachzufragen, denn mit solchen Fragen zeigst du deinem Gesprächspartner, dass du aufmerksam bist. Er fühlt sich ernst genommen. Selbst wenn du etwas Falsches gesagt oder dich ungeschickt verhalten hast, wird er seine negative Stimmung dir gegenüber schnell vergessen, denn er merkt: du bist feinfühlig und suchst den Konsens.

 

Nimm Feedback als wichtige Information an. Ja, ich weiß, Feedback zu bekommen ist nicht immer angenehm. Manchmal ist es enttäuschend, wie heute, als ich  eine ziemlich schlechte Rezension über mein drittes Buch gelesen habe. Es kann auch extrem kränkend sein. Aber, wie auch immer das Feedback ausfällt, das man erhält: Man sollte versuchen, es möglichst gelassen anzunehmen. Und wenn das Kommentar absolut nicht der Wahrheit entspricht, dann muss man da ganz cool drüber stehen.