Man lernt nie aus.

Ich habe z.Z. das Gefühl, als sei ich stehengeblieben. Das letzte Mal, als ich mein Hirn hab anstrengen müssen, war während meiner Zeit auf dem Schiff, als ich tagtäglich Übersetzungen machen musste. So konnte ich tagtäglich mein Vokabular in Englisch, Französisch und Spanisch nutzen. Aber nun, seit ich 2010 nach Deutschland gekommen bin, fehlt mir eine Herausforderung. Schon lange habe ich darüber nachgedacht, mich weiterzubilden. Einfach wieder etwas zu lernen. Für mich selbst.

 

Ich meine, die allgemeine Schulpflicht ist in Deutschland selbstverständlich. Doch wie sieht es mit einer „Bildungspflicht“für Erwachsene aus? Wäre nicht in einem Bildungszeitalter, in der die Bedeutung lebenslangen Lernens unumstritten ist, eine mehr oder weniger lebenslange, gesetzlich verordnete Bildungspflichtauch für Erwachsene konsequent?

 

Wenn ich allein all die Veränderungen anschaue, mit denen wir uns ständig beschäftigen. Zum Beispiel die Globalisierung, die kulturelle Vielfalt und neue Kommunikationsformen mit sich bringt. Oder neue technologische Entwicklungen, die das wirtschaftliche, berufliche und private Leben revolutionieren. Und auch die Entwicklung hin zu einer Wissensgesellschaft, in der Wissen

zu einem immer bedeutsameren Erfolgsfaktor wird. Es ist ja jetzt schon komisch, wenn ich in meiner Firma sage, dass ich nur eine Ausbildung habe. Da wird man gleich komisch angeguckt – „Wie? Du hast nicht studiert?“ – Ja, solch eine Generation gibt es auch noch.  

 

Viele Betriebe bieten ihren Beschäftigten nicht die Möglichkeiten, sich im Laufe ihres Lebens ausreichend weiterzubilden. Als ein wesentliches Problem erweist sich das Fehlen zeitlicher Ressourcen. Andererseits gibt es Betriebe, wie der meines Mannes, die echt alles dafür tun, dass der Mitarbeiter auf dem neuesten Stand ist. Und wenn er etwas nicht weiß, wird er gleich für eine Schulung angemeldet. Da gibt es kein „Warum weißt du das nicht?!“ – sondern immer die Lösung, „Wenn du etwas nicht weißt, dann helfen wir dir, damit du es bald kannst.“ Total sozial, und total genial. Ein richtig gutes Beispiel.

 

Aber sind wir alle zum lebenslangen Lernen gezwungen? Die Wichtigkeit betrieblicher Weiterbildung ist unumstritten. Für uns Beschäftigte bildet sie eine entscheidende Grundlage, um mit den sich schnell wandelnden technologischen, inhaltlichen und organisatorischen Anforderungen der Arbeitswelt Schritt zu halten oder sich beruflich weiterzuentwickeln. Und mal ganz davon abgesehen erhöht eine Weiterbildung die Chancen für eine kontinuierliche und langfristige Beschäftigung sowie beruflichen Aufstieg. Man kann ja schließlich immer dazulernen und sich privat und beruflich weiterentwickeln.

 

Für Betriebe verbessert Weiterbildung die Produktivität und Qualität der Arbeitsabläufe und schützt zugleich vor der Gefahr eines langfristigen Fachkräftemangels. Natürlich ist das Gelingen von einer Weiterbildung mit einer Reihe von Rahmenbedingungen – auf betrieblicher wie individueller Seite – verbunden. Zum einen sind dies die finanziellen Mittel, dann die Zeit, und vor allem die Motivation. Des Weiteren die Organisation und Qualität der Maßnahmen sowie die Anerkennung der Bildungsergebnisse. Denn wenn ich wochenlang abends lerne, und ein Zertifikat erhalte, dieses aber nicht anerkennt wird, dann bringt mir das Ganze auch nichts bzw. hilft mir beruflich nicht weiter.

 

Die Bereitstellung ausreichender zeitlicher Spielräume erweist sich dabei als eine wichtige Voraus-setzung, die in der betrieblichen Praxis oft nicht gegeben ist. Wenn man da eine IHK-Weiterbildung denkt, hier muss man oft Montags und Mittwochs abends die Schulbank drücken. Was bedeuten würde, dass man an diesen zwei Tagen pünktlich aus der Arbeit geht, um den Unterricht nicht zu verpassen. Was nun aber, wenn man Schichtarbeiter ist? Oder man mal in einem wichtigen Meeting steckt? Einfach gehen, weil man sich selbst weiterbilden möchte?

 

Kulanter weise gibt es natürlich auch Betriebe, die die Mitarbeiter fördern und der beruflichen Weiterbildung zustimmen und diese sogar zahlen. Ich kenne auch einen Bekannten, dem die Anwesenheit bei der IHK sogar als Arbeitszeit angerechnet wurde. Denn auf Seiten der Betriebe wie

der Beschäftigten stellt die fehlende Zeit häufig eine zentrale Ursache für fehlende Fortbildungs-aktivität dar. Zu selten wird der Blick auf Betriebe gerichtet, die sich anders verhalten und selbst

in Phasen großen ökonomischen Drucks nachhaltige Konzepte der Arbeitszeit- und

Qualifizierungspolitik verfolgen. Wie lösen sie das „ Zeitressourcen-Problem“? Das

heißt, wie und unter welchen Bedingungen lässt sich im Rahmen der betrieblichen

Arbeitszeitgestaltung ausreichend Zeit für Weiterbildung sicherstellen? Warum schaffen es manche, und andere nicht? Wo ist hier der Trick? Oder ist es eher, dass manche Firmen dies einfach nicht wollen? Schließlich ist es alles Zeit & Geld.

 

Worauf ich hinaus will, ich habe mich nun für ein Fernstudium entschieden. Ich will etwas für mich tun. Und vielleicht hilft es mir auch eines Tages beruflich weiter. Der Druck in den Firmen wird immer größer und früher oder später wird es auch die 2-Klassen-Gesellschaft geben. Die einen, die studiert haben und gebildet sind, und die anderen, die vielleicht nur eine Ausbildung haben und einen normalen Job nachgehen. Aber doch gerade weil die Anforderungen immer größer werden, sollte es einem einfacher gemacht werden, sich während oder nach der Arbeitszeit weiterzubilden. Es ist ja nicht nur für mich selbst, sondern auch ein Vorteil für die Firma. Denn so kann ich das gelernte Wissen gleich wieder einbringen. Und ein finanzieller Verlust ist es dann für die Firma auch nicht mehr.

 

Ich würde mir daher wünschen, dass das Weiterbildungsangebot für alle gleich gilt und jeder, egal ob Putzfrau, Sekretärin oder Ingenieur, die Möglichkeit erhält, sich immer wieder fortzubilden. Denn, wie der Titel auch schon sagt, man lernt nie aus.