Veränderung.

Ein bisschen unangenehm ist es mir schon, es zuzugeben – aber manchmal bin ich zu faul, um ständig was an meinem Leben zu ändern. Zumal ich es gerade mag, wie es ist.

 

 

Kennt ihr dieses Gefühl auch? Da sitzt man mit Kolleginnen oder Freunden zusammen und hört dann nur "Ich fang jetzt mit Kickboxen an. Ich brauch mal einen neuen Kick, ständig nur Joggen geht gar nicht." Die Nächste ist gerade wieder umgezogen, weil sie sich nach spätestens zwei Jahren in ihren vier Wänden langweilt. Gut, umgezogen bin ich auch mehr als genug, im Gegensatz zu manch anderen. Wenn man z.B. meine Schwester fragen würde, wie lang Sie eigentlich schon in Wimsheim wohnt, müsste Sie wohl zugeben „33 Jahre“.

Ständig ändert sich etwas bei meinen Freundinnen: ein Mann, ein Wohnort, ein Job. Bei mir ist es nur der Wohnort, aber nicht, weil mir langweilig war, sondern weil wir uns immer an der Arbeitsort orientiert hatten. Bin ich zu phlegmatisch, zu verkalkt, zu einfallslos, dass ich immer noch dieselbe Ehe, vielleicht dieselbe Jacke seit 10 Jahren oder im Prinzip dasselbe Leben habe?

 

Selbstoptimierung heißt das Zauberwort, und manchmal strengt mich das richtig an. Dieser Wahn, immer das Alleräußerste aus sich herausholen, sich ständig häuten zu müssen. Turnen bis zur Urne, Gehirnjogging, die Welt erkunden, die eigene Mitte finden, bloß kein Stillstand! Einer geht noch! Das schaffe ich zwar manchmal im Fitnessstudio bei den Wiederholungen, aber mit dem Akkordeonspielen habe ich aufgehört, obwohl das Musizieren gut gegen Demenz sein soll. Ich war einfach in einem Teenie-Alter, wo es dann keinen Spaß mehr gemacht hat und Out war. Und auch so denke ich, dass ich früher einfach zu viele Veränderungen durchgemacht habe, und nun „eingeschlafen“ bin. Früher versuchte ich täglich, mit einer anderen Frisur in die Schule zu gehen, ob blond, braun, schwarz, lockig oder glatt  - es war alles dabei. Heute sieht man mich entweder mit offenen glatten Haaren, oder einem Zopf.

 

Aber manchmal habe ich trotzdem ein schlechtes Gewissen, wenn mir eine Kollegin von ihrer Trekkingtour in Nepal vorschwärmt, während ich es nicht mal in Erwägung ziehe, Asien zu bereisen, geschweigenden, Rucksacktouren auszuprobieren. Dann fühle ich mich wie ein faules, bequemes Weichei. Doch was soll ich machen? Ich liege nun mal lieber am Pool als in einem eisigen Zweimannzelt. Ich mag es gern gemütlich, sauber und vertraut. Und da gehört nun mal dazu, dass man genau weiß, in welchem Hotel oder Bett ich heute Nacht schlafe. Allein für paar Monate mit dem Backpack in das Ungewisse, nein danke.

 

Es gibt wohl drei Stufen im Leben: die Aufregung, wenn es etwas Neues gibt, die Freude, wenn man etwas Vertrautes wiedertrifft – und dann den Moment, in dem man denkt: "So, jetzt brauche ich mal was anderes." Und da sind die Grenzen eben fließend. Nur ist die Bewertung dieser Grenzen eindeutig. Zugegebener Weise habe ich mich lange in Phase drei befunden und wollte immer nur weg, von einem Platz zum Nächsten, wie ein Zigeuner. Aber jetzt, seit ich verheiratet bin, habe ich mich in Phase zwei entspannt eingerichtet, und fühle mich oft wie jemand, der das tobende Leben vom Bett aus beobachtet. Menschen, die sagen: "Mir gefällt mein Leben, ich will es nicht ändern", stoßen auf allgemeines Unverständnis. Wenn ich dann sage, dass ich es nicht mehr „brauche“, abends in die Disco zu gehen, oder zu „saufen“, dann werde ich nur komisch angeschaut. Ich sage dann immer, dass ich mich zu alt für das ganze fühle. Ja, und es ist so.

 

Und im Moment fällt es mir neben Job und Weiterbildung extrem schwer, mich zu motivieren, etwas für meine Figur zu tun. Natürlich sind es nur Ausreden, mit denen man sich rechtfertigt. Aber manchmal ist einfach der Moment da, wo man abends nach der Arbeit und dem Essen keine Lust mehr findet, gerade jetzt noch bei -3°C das Haus zu verlassen, nur um 45 min im Sport gewesen zu sein. Ich gestehe hiermit, ich habe mal wieder eine extrem faule Phase. Und ja, am liebsten würde ich einen Personal Trainer engagieren, der mich wachrüttelt und mich wieder motiviert, mich zu optimieren.

 

 

Der moderne, authentische Mensch ist immer auf der Suche nach Veränderung, er muss seine Grenzen ausloten und jugendlich überschreiten. Bloß nicht zu behaglich! Natürlich soll man nicht sein ganzes Leben immer nur nach Mallorca fliegen, immer nur die gleiche Pizza essen und ja nicht den Friseur wechseln. Nein, denn die Welt ist bunt und will erobert werden. Aber wie groß das Stück ist, das man erobern will, muss jeder für sich selbst entscheiden, oder?

 

 

Ich war zum Beispiel noch nie in China – und ich finde: Es hätte schlimmer kommen können.

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