Kreativ?

Ich hab mich bisher immer als kreativen, flexiblen und offenen Menschen gesehen. Wie gesagt, bisher. Nun wurde mir letzten Freitag zum ersten Mal gesagt, ich sei weder kreativ noch flexibel – dann frage ich mich, ob ich so ein falsches Selbstbild habe oder ob einfach mein Gegenüber mich zu wenig kennt?

 

Warum beneiden wir kreative Menschen eigentlich so sehr? Vielleicht weil es mühelos erscheint, wie sie neue Ideen finden und andere mitreißen? Vielleicht, weil wir uns das selbst nicht zutrauen? Im Prinzip sind doch all diese Zweifel unangebracht. Jeder kann Ideen haben.

 

Ist Kreativität angeboren? Ein Talent, das man hat oder nicht? Oft ist es Willenssache, daher sollte man nie gleich aufgeben. Vielleicht kann ich im Beruf nicht sofort mit kreativen Ideen glänzen, aber dann kann ich es vielleicht umso besser in meiner Freizeit. Ich meine, jeder von uns hat irgendein schöpferisches Hobby, das einem Spaß macht. Sei es ein Blog, Fotografieren, Zeichnen…

 

Sicher gehört zum kreativsein auch „Mutig“ oder Neugierig sein, denn kreative Menschen beobachten ihre Umgebung genau. Veränderungen werden gleich bemerkt und die Umwelt oder Mitmenschen dienen als Inspiration. Früher war es ja auch noch so, dass man all seine Ideen und Beobachtungen in einem Tagebuch festgehalten hat. Und schwup die wup entsteht eine Sammlung kleiner Geschichten, aus denen etwas Großes entstehen kann.

 

Glaubst du nicht? Alles läuft sowieso schief? Dann nutze doch das Negative und wandle es in etwas Positives um! Es heißt oft, wer große Kunst schaffen will, muss gelebt haben. Picasso, Van Gogh oder jemand wie Popsängerin Adele haben künstlerische Kraft aus schweren Zeiten gezogen. Nimm deinen Schmerz und mach daraus etwas Positives – das sollte dein neues Motto werden. Kaugummi in den Haaren? Tja, vielleicht ist das die Gelegenheit, einen flotten Kurzhaarschnitt auszuprobieren. Das geliebte Modellauto ist runtergefallen? Nimm doch die restlichen Teile und klebe es auf ein großes Bild mit drauf, so zauberst du dein eigenes Kunstwerk.

 

Alles Blödsinn was ich da sage? Du schreibst keine Gedichte? Komponierst keine Opernstücke? Von Gemälden hälst du erst recht nichts? Ist gut, keine Panik! Kreativ-sein heißt ja nicht gleich Künstler oder Designer zu sein.Wer auf Partys schnell mit fremden Menschen ins Gespräch kommt, ist ebenfalls einfallsreich. Auch Humor ist eine Form von Kreativität. Und es gibt noch viel mehr Arten, kreativ zu sein: Probleme lösen, Prozesse bei der Arbeit gestalten, modische Outfits zusammenstellen, programmieren, tanzen...! Und da ist auch sicher was für dich dabei!

 

Und jetzt kommt sicher ein Schmunzeln ins Gesicht.  Kreative Menschen sind in den seltensten Fällen brav, denn sie fluchen gern. Fluchen weckt Emotionen und aktiviert Bereiche im Gehirn, die schon für unsere Vorfahren in der Steinzeit wichtig waren. Also demnach müsste ich dann sehr kreativ sein, denn wenn etwas nicht nach meiner Schnauze läuft, werde ich doch schon mal laut.

 

Ein weiteres Kreativmerkmal: Du siehst Schönheit, wo andere sie nicht vermuten. Was ist eigentlich „schön“? Diese Frage ist schwer zu beantworten. Auf jeden Fall sind es nicht nur offensichtliche Dinge wie imposante Landschaften, ebenmäßige Gesichtszüge, Blumenwiesen, Sonnenuntergänge.  Schönheit ist da, wo wir sie sehen.  Und ja, hier muss man manchmal auch kreativ sein.

 

Was ich noch im Internet gelesen hatte, ist, dass wir in der Gruppe einfallsreicher sind. Jeder kennt es, das Brainstorming: Man sitzt in der Gruppe zusammen und lässt seinen Ideen freien Lauf. Bis heute ist das die wohl bekannteste und beliebteste Kreativtechnik. Sie basiert auf zwei Regeln. Erstens: Äußere jeden Einfall, der dir durch den Kopf geht - auch wenn er unsinnig erscheint! Zweitens: Bewerte weder deine eigenen noch die Ideen anderer! Kommt es vielleicht auch daher, dass wir uns dann eher trauen, eine Idee loszuwerden?

 

Andererseits ist Leistungsdruck schlecht für kreatives Denken. Denn nicht jeder, dem gute Ideen in den Kopf schießen, kann diese in größerer Runde ungehemmt aussprechen. Zu groß ist die Sorge, etwas Naives oder Dummes zu sagen. Zumal es den meisten Menschen tatsächlich schwerfällt, die zweite Regel einzuhalten: Vorschläge anderer Gruppenmitglieder nicht zu kommentieren. Vor allem in Brainstorming-Runden in Unternehmen mit strenger Hierarchie beäugen sich die Teilnehmer mitunter eher skeptisch.

 

Kreativität, so die Botschaft, schlummert in jedem von uns. Es kommt nur darauf an, sie zu erwecken – und systematisch zu trainieren. Denn Kreativität ist nicht nur ein Potential, sonder auch eine Norm: Der Mensch soll mit ihr nicht nur seine schöneren Möglichkeiten entdecken, sondern sie im Sinne einer Kompetenz fruchtbar machen. Andererseits heißt das aber auch, dass immer mehr Menschen auf die schöpferische Mobilmachung mit Erschöpfungszuständen reagieren. Kein Wunder, dass bei dieser Überschussproduktion von Inspiration alle unter Burn-out leiden.

 

 

Heute hat halt jeder kreativ zu sein, am Arbeitsplatz und in der Freizeit. In diesem Sinne, viel Spaß beim schöpferischen austoben!

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