Kitahandy?

 

Ich kann mich noch erinnern, als mir mein Freund damals (als ich 15 Jahre alt war) mein erstes Handy geschenkt hat. Mensch, endlich konnte man SMS schicken, telefonieren, ohne das Haustelefon stundenlang zu besetzten…ach ja. Und heutzutage?

 

 

Neulich im Edeka: Während ich mir die grünsten Bananen raussuchte, unterhielten sich hinter mir zwei Frauen. Nach genauem Hinsehen sah ich, dass es sich um Mutter und Tochter handelte, die offensichtlich sehr unterschiedlichen Ansichten vertretenen. Die Mutter war felsenfest davon überzeugt, dass Kinder bald mit Handy in die Kita gehen werden. Ihre Tochter lachte sie aus. Und ich dachte mir: in der Kita schon ein Mobiltelefon? Ernsthaft? Kann das wirklich sein?

 

 

Absurd, war mein erster Gedanke. Wer würde denn wohl sein Kind mit Handy in die Kita schicken? Dort ist es doch eingebettet in eine sichere Umgebung, hat seine Spielkameraden um sich und kann im Zweifelsfall die Erzieherin bitten, per Telefon Kontakt mit Mama oder Papa aufzunehmen. Ein Kleinkind mit Handy in der Kita – diese Idee war mir noch nie zuvorgekommen.

 

 

Andererseits: Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass ein mobiles Telefon dem Festnetz mal den Rang ablaufen würde? Dass fast jeder von uns ständig einen Berg an Informationen in der Hand- oder Hosentasche mit sich trägt? Dass wir ganz selbstverständlich von unterwegs Kino-Tickets bestellen, Windeln ordern oder uns neue Schuhe nach Hause schicken lassen? Der Fortschritt schreitet ohne Pause fort und natürlich macht er auch vor der Welt unserer Kinder nicht halt.

 

 

Kinder ohne digitale Geräte aufwachsen zu lassen ist fast nicht mehr möglich. Ob es nötig wäre, ist eine andere Frage. Ich weiß noch, als meine Nichte 2014 auf die Realschule kam und es damals hieß – die Kinder müssen ihr eigenes Ipad für den Unterricht haben. Ich war damals noch etwas schockiert und dachte mir „für was benötigen 11-jähirge ihr eigenes Ipad?!“

 

 

Wie schon gesagt, in meiner Jugend war es cool, die neuesten Infos an seine Freunde per SMS zu verbreiten. Nein, kein Whatsapp und kein Gruppenchat – SMS. War schon cool ein Handy dabei zu haben, so konnte man immerhin mehr Leute informieren, als dies mit einem Festnetz möglich gewesen wäre. Als ich im Ausland war, fing es dann an, dass jeder 2007/2008 über Facebook redete und dass fast wie ein „Muss“ war.  Tablet und Smartphone waren eine technische Spielerei, die für mich nichts mit meinem Alltag zu tun hatten und ich weigerte mich lange, mein damaliges Handy aufzugeben...

 

 

Erst 2009 oder 2010 habe ich mich für ein Smartphone entschieden, ein LG. Ein Tablet haben wir erst vor paar Jahren für die ganze Familie angeschafft. Für was auch, denn Streamingdienste lagen noch in weiter Ferne und Videos auf Youtube ständig anzuschauen wäre mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen.

 

 

Tja und 2016 sah die Realität dann komplett anders aus. Unzählige Videos von den ersten Wochen nach der Geburt von Karl gibt es, alle gefilmt mit der super Kamera eines aktuellen Smartphones. Whatsapp Gifs mit Herzchen wurden mir geschickt und Sprachnachrichten ersetzten lange Anrufe. Und bei meiner Nichte war das Handy schon „normal“. Denn schon seit der 6. oder 7. Klasse musste ein Handy her - Skandal, wie sollte sie denn so am Klassenchat teilnehmen?! *lach*

 

Ohne Handy kein Sozialleben, heißt es plötzlich.

 

 

Tja, und mein 3-jähriger Karlito gehört zu den digital natives. Er wischt ganz selbstverständlich auf dem Ipad hin und her, hat seine Lieblings-Youtuber und die Lieblingsserie auf Abruf ist Normalität geworden. Und wehe „Blippi“ läuft nicht… „Mama, das Internet ist kaputt!“ Eindeutige Diagnose von einem Kleinkind, für den die Online Welt zum Großwerden dazu gehört.

 

 

Nicht in dem Umfang, in dem seine reale Welt ihn beeinflusst. Dafür spielt er doch viel zu gerne draußen und natürlich erlaube ich sämtliche Medien nur limitiert. Aber diese Welt ist da. Mein Sohn empfindet es sicher als normal oder als Bereicherung, denn all die Fragen können dadurch geklärt, die Neugierde befriedigt werden. Manchmal schaut Karl ein Buch mit Baumaschinen an und fordert dann seinen Papa auf, ihm diese Maschinen in echt auf dem Ipad zu zeigen.

 

 

Wie digitale Medien Zuhause genutzt werden, muss letztlich jede Familie für sich entscheiden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Begleitung durch die Eltern. Ich würde Karl das Tablet nie zum alleinigen Spielen überlassen, allein schon aus Angst, dass er was Falsches drückt und plötzlich wo ganz anders landet oder etwas „kaputt“ macht. Kinder müssen einen bewussten Umgang mit digitalen Geräten lernen – ja, aber ehrlich gesagt frage ich mich – wie?

 

 

Aber zurück zu meinem ursprünglichen Gedanken. Kann es einen Grund geben, weshalb Kinder mit einem Handy in die Kita gehen sollten? Sicher muss man auch hier die unterschiedlichen Altersstufen bedenken. Für ein zweijähriges Kleinkind wäre eine Handynutzung indiskutabel und ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass sich daran etwas ändern wird.

 

 

Bei Kita-Kindern, die bald in die Schule kommen, ist die Situation eine andere. Sie sind kognitiv in der Lage, mit einem Handy umzugehen. Doch welchen Nutzen sollte das Gerät in der Kita bringen? Spontane Verabredungen mit Freunden werden noch über die Mütter abgesprochen und im Krankheitsfall würde die Kita die Eltern kontaktieren. Alleine nach Hause laufen wird nach Kita-Ende auch kein Kind, da wir als Eltern die strikte Anweisung erhalten habe, kein Kind unter 12 Jahren alleine laufen zu lassen.

 

 

Was ich allerdings schon von meiner Cousine gehört hatte, war, dass die Eltern den Kita-Kindern Smart-Watches angezogen hatten und so „kontrollieren“ konnten, wie mit den Kindern umgegangen wurde. Da muss ich wiederum sagen, dass ich das eigentlich nicht verkehrt finde. Denn wenn man daran zweifelt, dass sein Kind in den guten Händen ist, geht man glaube ich jedes Mittel ein. Ich muss dazu aber auch sagen, dass es bei den Erzieherinnen rauskam und nun in dieser Kita ein „Smartwatch“-Verbot herrscht.

 

 

Tja. So ist das. Und so sehr ich auch überlege, ein Handy in der Kita ist für mich (noch) undenkbar. ABER: Sag niemals nie. Irgendwann kommt auch das. Vielleicht als zusätzliche Sicherheit für die Eltern?

 

 

Könnt ihr euch vorstellen, dass Kinder in 5/10/15 Jahren mit Handy in die Kita gehen? Oder gibt es vielleicht einige unter euch, die bereits Erfahrung damit gesammelt haben?

 

Sehr spannend, ich freue mich auf eure Kommentare!

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Britta (Donnerstag, 18 Juli 2019 14:51)

    Ich glaube tatsächlich, dass wir in unserer Gesellschaft gar nicht mehr so weit davon entfernt sind, dass Kinder mit Handy in die Kita gehen. Es ist ein schwieriges Thema. Der Gruppe Zwang ist groß und die Angst der Eltern um ihre Kinder wächst auch... Bin gespannt wo das noch hinführt.

    Liebe Grüße,
    Britta von www.fraufreigeist.de

  • #2

    Anni (Donnerstag, 18 Juli 2019)

    Oh man ich finde das Thema super spannend - auch wenn ich noch keine Kids habe. Es interessiert mich einfach den Prozess der Digitalisierung zu beobachten und manchmal macht er mir Angst, aber aufzuhalten ist er wohl nicht mehr...

    Liebste Grüße,
    Anni von https://www.yogagypsy.de