Louwman.

Autos sollte man in Bewegung zeigen, man sollte sie hören, riechen und spüren. All dies kann ein Museum nicht bewerkstelligen, dafür kommen andere Vorteile zum Tragen. Ein Museum kann eine gezielte Selektion zusammenführen, den Kontext bestimmen, die Lichtakzente setzen, mit Beschreibungstexten/Filmen informieren und vor allem auch an einem kühlen und feuchten Wintertag Freude vermitteln.

 

Das Louwman Museum in Den Haag (Niederlande) zieht den Besucher sofort in den Bann, die Zeit verläuft wie im Flug und verführt zu einer Zeitreise durch 125 Jahre Automobilgeschichte. 

 

In der Eingangshalle wird dem Besucher ein Überblick über die wichtigsten Auto-Nationen gegeben, jeweils in Kombination mit einem typischen Vertreter dieses Landes. Hier finden wir denn auch etwa einen Daf 600 Prototyp, einen Citroën DS, einen Volvo PV 444 CS, einen Tatra 87, einen Chevrolet Corvette Stingray, einen Jaguar XK 120 (FHC) oder einen Toyota 2000 GT. Exquisite Ausstellungsobjekte, aber nicht unbedingt aufsehenerregend, als Vertretung für ein Land aber durchaus geeignet.

 

Auf den drei Stockwerken des Haupttraktes finden sich dann zuoberst die Geschichte des Automobils und ein Überblick über 125 Jahre Automobil, ein Stock tiefer Rennwagen sowie eine Auswahlschau an Gemälden, Skultpuren und Bildern, zuunterst sind Luxuswagen und die eleganten, exklusiven Fahrzeuge der Schönen und Reichen zu bewundern, sowie eine einmalige Spyker-Schau.

 

Die grösste Sammlung von frühen Automobilen (“the dawn of motoring”)

Die Louwman-Familie verfügt, auch dank Aufkäufe von anderen Museen, heute wohl über eine der reichhaltigsten Sammlungen früher Automobile, begonnen beim “De Dion, Bouton et Trépardoux” Dampf-Vierrad von 1887, über Fahrzeuge von Peugeot, Daimler, Panhard, Darracq, Worth Thirion, FN, Goddu, Sunbeam-Mabley bis zum Benz Patent Motorfahrzeug (in Form einer Rekonstruktion) und das ist nur ein Teil der sagenhafte Liste.

 

Mit dem Motorisierungs-Zeitalter geht es weiter und damit mit Fahrzeugen wie dem Darracq 12 HP Genevieve von 1904, einem Ford Model A, einem Hupmobile 32 Coupé von 1914, bis zu einem Lafitte von 1923 oder einem Fiat 509 A von 1928.

 

 

 

 

Unter verschiedenen thematischen Schwerpunkten werden Fahrzeuge wie der Lloyd LP 500 (1951), der Citroën 2CV (1956, der Nash Metropolitan (1957) oder der Ford Anglia (1962) zusammengezogen, seinen das günstig zu unterhaltende Fahrzeuge, Kleinstfahrzeuge, sportliche Fahrzeuge, Konzeptfahrzeuge, Sport- und Rennwagen, oder nach Antriebsarten sortierte Fahrzeuge.

 

 

Wer amerikanische Autos liebt, wird bei den Louwmans, die ja unter anderem als Importeure der Marke Dodge erfolgreich waren, sicher nicht zu kurz kommen: Dodge, Chrysler, Kaiser, Cadillac, Desoto, Hudson, Studebaker, Franklin, usw., es ist eine grosse Vielfalt an Karosserieformen, Marken und Zeitalter zu sehen.

 

Nicht vorbeikommen dürfte man an der imposanten Spyker-Halle. Nicht nur reicht diese vom Boden des Gebäudes bis zur Decke (mit einem Flugzeug der Frühzeit), es dürfte sich hier auch um die weltweit umfangreichste Spyker-Sammlung überhaupt handeln.

 

Spyker, das waren die beiden Brüder Jacobus und Hendrik-Jan Spijker, beide Kutschenbauer, die sich schnell von den Traditionen lösten und ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts in Amsterdam fortschrittliche und aufsehenerregende Automobile zu bauen begannen.

 

 

Der erste vierradangetriebene Rennwagen mit Sechszylindermotor, der Spyker 60 HP von 1903 , geht zum Beispiel auf ihr Konto, aber auch Fahrzeuge wie die Spykermodelle 14/18-HP Double Phaeton von 1906, 15/22-HP Double Phaeton von 1907, 15/22-HP Three Quarter Landaulette von 1907, 7-HP Two-Seater von 1912, C1 13/30-HP Torpedo Touring von 1919, C4 Standard Torpedo Cabriolet von 1924 oder C4 All-Weather Coupé von 1922 sind im Louwman-Museum in allen Details zu bewundern.

 

Unter den vielen Ausstellungsobjekten gibt es auch eine ganze Reihe von Automobilen, die uns besonders aufgefallen sind. Da wäre einmal das Daimler DK 400 ‘Golden Zebra’ Coupé, mehrere Maserati Vorkriegs-Monoposti, wunderschöne Alfa Romeo 6C und 8C Sportwagen, den Alfa Romeo Tipo 33 ‘Periscopo’ von 1967, ein Ferrari 750 Monza Scaglietti Spider, ein Lancia D23 Spyder Pinin Farina von 1953, eine ganze Reihe weiterer berühmter Rennsieger und -teilnehmer aus der ganzen Welt, Giovanni Michelottis aufsehenerregenden Fiat 8V Démon Rouge von 1953 oder etwas das Drahtgitter, auf dem Scaglietti seine handgeformten Ferrari-250-GTO-Bleche auf Passung prüfte. Auch ein Aston Martin DB 5 von James Bond ist zu bewundern und eine ganze Reihe von Luxuskarossen und Concours d’Elegance Siegeskandidaten. Für unsere Schweizer Freunde gibt es auch einen Sbarro Challenge I von 1985 zu entdecken.

 

 

Das schöne allerdings ist, dass eine Liste, wie gerade präsentiert, von jedem anders zusammengestellt würde, und genau dies macht den Reiz des Louwman-Museums aus. Jeder dürfte in der Vielfalt Autos finden, die ihn fesseln und nicht mehr loslassen.

Die Autos stehen im Mittelpunkt, so war es gewollt. Sie werden aber von Fotos, Bildern und Accessoires in ihrer Ausstrahlung noch zusätzlich unterstützt, was fast durchwegs meisterhaft gelang. Seien es rennende Zebras im Hintergrund des Daimler-Coupés oder die Fotos alter Häuserketten aus Amerika, die Museums-Gestalter haben ein glückliches Händchen bei der Wahl der Fahrzeugumfelder bewiesen.

 

 

Im Prinzip seien alle Fahrzeuge komplett und die meisten, eventuell nach gewissen Vorbereitungsaufwänden auch fahrbar, meinte Managing Director Ronald Kooyman bei unserem Besuch. Gleichwohl handelt es sich bei den ausgestellten Fahrzeuge nicht durchwegs um überrestaurierte Autos im Bestzustand, sondern man findet viele “patinierte” Fahrzeuge, die nur so von Geschichte triefen.

 

Alle Autos werden auf gut einsehbaren Tafeln beschrieben und der Kauf eines Museumskatalogs ist unbedingt zu empfehlen, nicht nur wegen der schönen Fotos, sondern auch wegen der sachkundigen Erklärungen, die darin zu finden sind. Mit € 12.50 (Stand 2012) ist er zudem günstig und eine Bereicherung jeder Autobibliothek.

 

 

Für viele wird Den Haag (ca. 460 km von Frankfurt, ca. 280 km von Köln oder ca. 850 km von Zürich entfernt) nicht gerade am Weg liegen, aber der Besuch lohnt auch eine weitere Anreise, vorausgesetzt man bringt genug Zeit und Muße mit, in die Geschichte und in das Wesen der Exponate einzutauchen. Wir jedenfalls kommen zurück,

Kommentar schreiben

Kommentare: 0