Babys - soziale Wesen?

Die Fähigkeit, Menschen für sich einzunehmen, ist für Babys überlebenswichtig. Gut und böse können schon Babys unterscheiden. Karl weiß haargenau, dass er mit seinen Buntmalstiften nicht auf dem Teppich malen sollte – machen tut er es manchmal absichtlich trotzdem. Babys kommen bereits mit einer Form von Gewissen auf die Welt. Heißt das im Umkehrschluss, dass wir keinen Einfluss auf die moralische Entwicklung unserer Zwerge haben?

 

 

Das Meiste von dem, was wir für gut halten, ist erlernt. Bei uns zu Hause durfte man vor dem Fernsehen nicht essen, wir saßen alle gemeinsam am Tisch. In anderen Ländern ist es vielleicht weniger wichtig, sonst wären auch die moralischen Sitten in den verschiedenen Kulturkreisen nicht so unterschiedlich. Aber es gibt Dinge, die empfinden alle Menschen auf der Welt als richtig oder falsch.

 

 

Ich mein, ganz ehrlich, es ist schon erstaunlich, was ein Kind alles kann. Was geht in einem Babyköpfchen vor? In unserem Adoptionskurs wurde uns gesagt, dass ein Kind bis zum 3. Lebensjahr kein Erinnerungsvermögen hat und sich so eine Dreijährige nicht mehr bewusst an ihre Babyzeit erinnern könnte. Erinnerungen, die man vergleichen könnte, gibt es also nicht. Es gibt sogar ein Buch „Jedes Kind kennt Gut und Böse“, indem Forscher versucht haben, herauszufinden, was im Inneren eines Babyköpfchens vor sich geht.

 

 

In welchem Punkt ich mir auf jeden Fall sicher bin, ist, dass Babys sich von gemeinen Personen abgestoßen fühlen. Kinder spüren, wer es ehrlich und gut meint, und wer nicht. Würde uns auch nicht anders gehen! Aber Babys fühlen sich zu hilfsbereiten Personen eher hingezogen, als zu neutralen, bzw. solche, die sich gemein verhalten. Babys reagieren also sehr feinfühlig auf gute oder schlechte Taten und zwar lange, bevor sie selbst in der Lage sind, Gutes oder Schlechtes zu tun. Die Frage ist, warum tun sie das? Weil sie mit einem Gewissen auf die Welt gekommen sind? Oder weil sie genau das tun, was ihnen das Überleben sichert? Denn schließlich sind Babys absolut hilflos und damit abhängig von anderen, einem sozialen Netz, das sie auf der körperlichen wie auf der Gefühlsebene mit allem Notwendigen versorgt.

 

 

Meine Mutter sagt auch immer, dass mein Mann und ich uns ja nicht vor Karl streiten sollen, da er es spürt und versteht und dann in der Zwickmühle steckt. Denn lieben tut er uns beide. Wobei ich sagen muss, wenn wir streiten oder laut werden, ist Karl gleich bei mir – hihi - Mummy wins!

 

 

Die intuitive Fähigkeit, gute Sozialpartner zu erkennen und diese auch für sich zu gewinnen, ist also überlebenswichtig. Geht man jetzt davon aus, dass unser Erbgut noch gar nicht verstanden hat, dass wir schon eine ganze Weile in der Neuzeit angekommen sind, so kann dieser Mechanismus durchaus als lebensrettend betrachtet werden.

 

 

Mag all das bei Säuglingen noch ein Reflex sein, so ist doch bei älteren Babys eindeutig ein Mitgefühl feststellbar. Bereits im Alter von wenigen Monaten kann man beobachten, wie Babys auf Emotionen anderer reagieren. Wie sie traurige Gesichter ebenfalls traurig machen und wie sie versuchen, diese wieder zum Lachen zu bringen.

 

 

Trotzdem müssen die Kleinen erst lernen, sich in andere richtig hineinzufühlen. Karl hat zum Beispiel beim Spielen mit einem Kleineren den Jungen auf den Kopf „gehauen“. Karl hat es nicht realisiert, aber der Kleine hat sich erschreckt und fing an zu weinen. Wir müssen den Kindern doch noch beibringen, sich bei einem Streit in die Rolle des anderen hineinzuversetzen. Ob man das in dem Altern „versteht“, weiß ich nicht.

 

 

Man muss auch ganz klar sagen: Vorbilder sind entscheidend! Mein Sohn sieht ja ganz genau, wie ich mich verhalte, und das guckt er sich natürlich ab. Doch wenn die Fähigkeit, sozial zu sein und grundsätzlich zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können, angeboren ist, wie kommt es dann zu Massenmorden, Vergewaltigungen und anderen Gräueltaten? Welche Rolle spielen hier die Gene?

 

 

Betrachtet man die andere Seite der Medaille, wird klar, dass man auch viel kaputtmachen kann bei der Erziehung. Babys sind moralische Lebewesen, die von der Evolution mit Empathie und Mitgefühl sowie mit der Fähigkeit, die Handlungen anderer zu beurteilen, ausgerüstet wurden und sogar mit einem gewissen rudimentären Verständnis für Gerechtigkeit und Fairness. Andererseits, ein entscheidender Teil unserer Moralität - so vieles von dem, was uns menschlich macht - kommt erst im Laufe der Jahre und der individuellen Entwicklung zum Vorschein. Ich meine, wir sind 4 Kinder und unterschiedlicher könnten wir nicht sein!

 

Wie ist das jetzt letztendlich? Die traditionelle Psychologie sagt, dass wir etwa ein Drittel unserer Eigenschaften mitbringen, ein weiteres Drittel durch Vorbild und Erziehung gebildet werden und das dritte Drittel in unseren eigenen Händen liegt.

 

 

Also liebe Mamis und Papis da draußen, lasst uns ein gutes Vorbild sein, denn in der Kindheit orientieren sich die Kinder vorallem an uns!