Marotten der Eltern.

"Du bist schon genauso pingelig wie deine Mutter!“ oder "Du bist so geizig wie dein Papa!“ Solche Sätze lassen uns alle zusammenzucken. Viele unserer Angewohnheiten werden von den Elternteilen durch die Erziehung geprägt und oft sind einem die Ähnlichkeiten gar nicht bewusst, aber sie können eine große Last für das eigene Leben werden.

 

 

Oft sind es banale Sätze: "Über Geld spricht man nicht." Oder: "Ohne Fleiß kein Preis." Fast jeder kennt solche Glaubenssätze aus seiner Familie. Jahrelang hat man sie ignoriert. Und irgendwann ertappt man sich dabei, wie einem die innere Stimme genau diese Überzeugungen vorhält. Oder: Man sagt den Satz sogar selbst zu seinen Kindern. Auch in anderen Bereichen, zum Beispiel Stresstoleranz oder Streitkultur, entdeckt man im Laufe der Zeit Ähnlichkeiten zu Mutter oder Vater. Manchmal mehr, als einem lieb sind.

 

 

Ich meine, bei meinem Sohn fängt es auch schon an. Mit gerade mal 17 Monaten weiß er ganz genau, was er will, und was nicht. Und wehe, man schneidet sein Brötchen, bevor er zugestimmt hat. Denn, vielleicht will er das gar nicht? Ich war damals als Kind auch so. Am besten, alles alleine machen und stur wie noch was… Karl hat sich gleich mal eine Scheibe von mir abgeschnitten.

 

 

Wenn ich so an meine Mutter denke, fällt mir auf, wie mich damals ihr Ordnungsfimmel und Geputze genervt hat. Heute bin ich davon überzeugt, dass ich viele Dinge so mache wie sie. Gut, ich putze nicht jeden Tag, aber Ordnung muss schon sein. Ich hasse es, wenn eine Sache nicht an ihrem Platz liegt.

 

Und die Marotten vom Papa… tja, da habe ich leider das gerne-Geld-ausgeben übernommen. *Lach* Meine Mutter versucht, das Geld zusammenzuhalten, und der Papa bringt es wahllos unter die Leute. Ja, und ich gebe halt leider auch gern Geld aus. Aber, auch nicht mehr so schlimm wie vorher.

 

 

Dass wir Kinder Dinge bewusst oder unbewusst von den Eltern übernehmen, ist unvermeidlich. Schließlich verbringt man jede Menge Zeit mit ihnen. Eltern prägen stark, mit welchen Werten, Vorstellungen und Rollenbildern man durchs Leben geht. Und daher sollte man auch echt Wert drauflegen, was man macht oder sagt.

 

 

Eine typische Phase, in der man sich bei vielerlei ertappt, ist das Elternwerden. Da geht der Blick oft auf die eigene Erziehung zurück, und das kann sogar positiv sein. Man wiederholt die Sachen, die man selbst als Kind genossen hat: Rituale wie ins Bett bringen, am Wochenende gemeinsam frühstücken oder Kleinigkeiten wie wenig TV gucken.

 

 

Und wenn es negative Eigenschaften sind? Nicht alles, was die Eltern machen, ist postiv. Manchmal sind es problematische Verhaltensmuster, die man sich angeeignet hat. Nach einem Streit drei Tage beleidigt zu sein, Sachen immer hundertprozentig machen zu wollen oder besonders ängstlich zu sein. Die wenigsten sind so reflektiert, dass sie selbst solche Analogien erkennen. Man denkt erst darüber nach, wenn man durch sein Umfeld immer wieder negative Rückmeldung auf sein Verhalten bekommt.

 

 

ABER, man kann sich auch ändern, oder es zumindest versuchen. Der Mensch ist schließlich ein Gewöhnungstier. Nur, weil man vorgelebt bekommen hat, keine Wäsche waschen zu müssen, heißt das nicht, dass man selbst nie Wäsche waschen muss. Oder, wer sich beispielsweise über sein eigenes Streitverhalten ärgert, kann sich eine Strategie überlegen. Wenn ich weiß, eine Auseinandersetzung eskaliert schnell, nehme ich mir beim nächsten Mal vor, vorher rauszugehen. Das spricht man am besten mit dem Partner ab.

 

 

Komplizierter wird es bei Glaubenssätzen, die wir ganz tief verinnerlicht haben. Wer immer mit dem Spruch "Ohne Fleiß kein Preis" getriezt wurde, sollte ihn hinterfragen. "Wie fühle ich mich damit? Stresst mich das?" Um solche tief verwurzelten Dinge zu ändern, hilft es, sie aufzuschreiben. Beispielsweise auf einen Zettel, den man dann zerreißt.

 

 

Am besten ersetzt man den alten Glaubenssatz durch einen neuen. Man kann ja aufschreiben "Ich bin ein sehr engagierter Mensch und arbeite gerne für diese Sache." Und dann steck den Zettel in deinem Geldbeutel. Das verdeutlicht die eigenen Prioritäten und erinnert daran, dass man nicht alles im Alltag mit der gleichen Kraft angehen will. Über Nacht klappen solche Umprogrammierungen aber nicht, das dauert und ist Übungssache.

 

 

Tja, und dann gibt es natürlich noch den besten Satz „So wollte ich doch niemals werden...“ – kennt ihr sicher auch oder? Trotz allem Veränderungswillen: Der Anspruch, auf keinen Fall so zu werden wie seine Eltern, lässt sich nicht erfüllen. Letztlich ist es eine gesunde Einstellung zu akzeptieren, dass man manche Dinge mitbekommen hat und nicht loswerden kann. Wer sein Leben lang damit hadert, das mittelmäßige Fußballtalent seines Vaters geerbt zu haben, macht sich nur unglücklich. Besser ist es, sich die positiven Eigenschaften ins Gedächtnis zu rufen. Wenn ich mir die bewusst mache, sind das wertvolle Ressourcen. Denn: Meckern hilft nicht!

 

 

Manchmal treibt einen nicht nur die Frage um, warum man selbst bestimmte Marotten übernommen hat - sondern auch, woher die eigenen Eltern sie selbst haben. Spätestens auf Familienfeiern wird einem bewusst, dass es über mehrere Generationen hinweg ähnliche Linien gibt.

 

 

Also denkt dran: Wir Eltern prägen unser Kind sehr. Wir sind aber nicht die Einzigen, von denen man sich etwas abguckt. Freunde, Partner, Kollegen können ebenso prägend sein. Und im Gegensatz zu Mutter und Vater kann man sich diese größtenteils aussuchen. ;-)