Patchwork.

Patchworkfamilie – kann das überhaupt gut gehen? Obwohl ich selber ein Kind habe, wollte ich nie einen Partner mit Kinder. Warum? Naja, anfang 20 war ich in einer Beziehung, in der mein damaliger Partner bereits 4 Kinder mit zwei Frauen hatte. Und tut mir leid – aber das war Horror. Anrufe um 1 Uhr nachts, dass eines der Kinder nun Schnupfen habe. Ständig versuchte sie, dazwischen zu knatschen und die Kinder jeden Tag zu jeder Stunde in den Vordergrund zu schieben. Verständnis hatte ich hierfür damals keines – sorry.

 

Und heute? Ihr wisst selbst, wer frisch verliebt ist, befindet sich in einem emotionalen Ausnahmezustand. Hat der neue Partner ein oder mehrere Kinder, müssen noch ein paar mehr Herzen erobert werden. Kinderspiel oder Knochenjob?

 

Wer frisch verliebt ist, steht meistens sowieso schon neben sich. Sind dann noch Kinder im Spiel, kann die Sache zu einem unberechenbaren Abenteuer werden. Anfangs ist man möglicherweise noch unsicher, man will ja alles richtig machen. Und wenn dann noch sprachliche Barrieren dazu kommen – na Halleluja! Aber: sich nicht verstellen, behutsam vorgehen.

 

Und in unserem Fall einfach dem Kind Zeit geben.

Das Tempo bestimmt: das Kind! Denn, wenn ein neuer Partner ins Leben tritt, läuten bei Kindern meistens die Alarmglocken. Das Leben verändert sich. Das kann ganz schön Angst machen. Deshalb ist Offenheit wichtig, das Kind muss immer über den aktuellen Stand der Beziehung informiert sein. Im Normalfall würde ich auch sagen, das Kind entscheidet, wann es den neuen Partner kennenlernen will. Bisher habe ich Karl niemanden vorgestellt, niemanden. Doch dieses mal ist es anders. Da wir uns im Urlaub kennen gelernt haben, haben die Kids gleich gesehen, wer da plötzlich gegenüber sitzt.

 

Aber wie ist es nun? Eigentlich sollte man sich bloß nicht unter Druck setzen…

Man sollte eine gute Strategie parat haben. Heißt: Dem Kind Angebote machen. Soll ich dir bei den Hausaufgaben helfen? Wollen wir Mau-Mau spielen? Wenn der Nachwuchs den Vorschlag ablehnt: Cool bleiben, Tiefenatmung nicht vergessen, und die Ablehnung nicht persönlich nehmen. Mais non!  Auf keinen Fall darf das Kind bedrängt werden. Und vorallem, so sehe ich es, ich will kein Mama-Ersatz sein. Die Kids haben eine Mama, und das ist auch gut so. Ich kann eine gute Freundin werden, die nette Tante, aber niemals kann und möchte ich die „echte“ Mama ersetzen.

 

Versucht’s erst gar nicht, die Mutter und den Vater ersetzen zu wollen. Auch wenn der neue Partner gewisse elterliche Aufgaben übernimmt, wird sich das Kind vermutlich stets loyal dem getrennten Elternteil gegenüber zeigen. Alles andere hieße ja: Verrat!

 

Das Kind braucht Zeiten, in denen es seinen leiblichen Elternteil ganz für sich allein haben möchte. Am besten einen gemeinsamen Tag in der Woche fest einplanen, an dem es Mama oder Papa nicht teilen muss. In einer Trennung ist viel zerbrochen, deshalb ist es so wichtig, dem Kind zu zeigen, dass es sich der Liebe der leiblichen Eltern sicher sein kann und nicht um Aufmerksamkeit kämpfen muss.

In meinem Fall gott sei Dank easy, da wir uns aufgrund der Distanz nur am Wochenende sehen können.

 

Was gibt es noch zu beachten? Nie, (nie! nie!) Vater oder Mutter kritisieren. Seien wir mal ehrlich, den Kampf gegen den leiblichen Vorgänger kann man nur verlieren *lach*. Auch wenn es einem auf der Zunge brennt: die kritische Anmerkung auf der Stelle runterschlucken! Ein Kind wird jede Bemerkung als ungerechten Angriff werten und den neuen Partner echt blöde finden. Klar, oder?

 

Und wenn es mal zu einem Streit kommt? Tja. Wenn es zu einem Konflikt zwischen Kind und Bonus-Mama/Papa kommt, muss sich der leibliche Elternteil raushalten dürfen. Er gerät sonst zwischen die Fronten. Vielleicht moderiert er den Konflikt, aber lösen müssen die Streitparteien ihr Problem ganz allein.

 

Respekt habe ich davor ja schon. Muss ich ehrlich sagen. Denn, früher, als Patchworkfamilien noch Stieffamilien hießen, gab es diese eine Figur, die besonders schlecht wegkam: die Stiefmutter.

 

 

Das Schwierige an Patchworkfamilien ist, dass es keine Vorbilder für sie gibt. Jede ist in ihrer eigenen ganz besonderen Welt und Konstellation gefangen. Menschen verlieben sich und stolpern hinein wie wir gerade, die Kinder stolpern mit, und eigentlich weiß keiner genau, wie man mit dem anderen umgehen muss. Es gibt keine Modelle, keine Konventionen, keine Rollen, an denen man sich orientieren könnte wie bei der herkömmlichen Kernfamilie. Wenn sie Glück haben, schaffen sie es, mit schlechten und guten Phasen, mit viel Arbeit und Toleranz und Geduld und, ja, auch mit Liebe.

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