Entscheidungen.

Jeden Tag müssen wir Entscheidungen treffen. Für uns, unsere Familie, unsere Kinder. Einige sind nicht von großer Bedeutung, andere umso mehr. Wie verbringt man den Tag mit dem Kind? Geht es nach draußen, oder bleibt man doch lieber zu Hause? Darf das Kind TV schauen oder nicht? Ist ein Keks genug oder darf es noch ein zweiter sein? All das gehört mehr oder weniger zu einer grundlegenden Lebenseinstellung, die temporär keinen großen Einfluss auf das Kind hat. Doch langfristig ist es natürlich unser Ziel, dass unsere Kinder von unserem Lebensstil profitieren. Ja, der Lebensstil ist in gewisser Art und Weise auch eine Entscheidung. 

 

 

 

Doch dann gibt es auch große Entscheidungen, die das Leben des Kindes sehr betreffen können. Die möglicherweise das Beste für uns wären, aber nicht unbedingt für das Kind. Entscheidungen, die in uns ambivalente Gefühle auslösen.

 

 

 

Ich weiß noch, als mein damaliger Chef zu mir meinte „Mit einem Kind ändern sich die Prioritäten und man entscheidet ganz anders.“ Ich habe damals darüber gelacht und es auch nicht wirklich verstanden. Denn ich dachte, dass sich nichts ändern würde. Aber seitdem ich Mutter bin, muss ich noch viel mehr Entscheidungen treffen als zuvor. Entscheidungen die nicht nur mich betreffen, sondern mein Kind, meine Familie. Während mir die Konsequenzen früher oft egal waren, fürchte ich mich heute umso mehr vor ihnen.

 

 

 

Meine bisher schwierigste Entscheidung war eigentlich, ob ich ihn wirklich mit einem Jahr in die Kita stecke oder nicht. Es gibt so viele unterschiedliche Meinungen. Die einen finden es super, da das Kind lernt zu teilen und sich auch toll entwickeln kann. Die andren meinten, es sei doch viel zu früh, da das Kind mit 1 seine Mama bräuchte und einfach noch zu klein ist. Das hat mir echt Kopfweh bereitet und bei den kritischen Stimmen musste ich mich jedes Mal rechtfertigen, „warum“ ich wieder arbeiten gehe und „warum“ unser Karlito die Kita besuchen wird.

 

 

 

Die nächste, größere Entscheidung hieß Ende März: Abstillen ja oder nein? Ich habe entscheiden: Ja, ich werde ihn abstillen. Fiel mir die Entscheidung leicht? Nein, auf keinen Fall. Die ein oder andere mag das belächeln. Aber es wird auch Mütter geben, die mich verstehen. Die wohlmöglich mit ähnlichen Probleme zu kämpfen haben. Ich dachte eigentlich immer, dass ich ihn das komplette erste Jahr stillen werde. Aber tagsüber hat er immer mehr gegessen, und das Stillen hat sich auf abends/nachts beschränkt. Und irgendwann muss man dann loslassen…

 

 

 

Das Gleiche gilt für Kind alleine im Zimmer schlafen – ja oder nein? Ab wann sollte er in sein eigenes Zimmer? Mit 6 Monaten? 1 Jahr? Karl hat mit einem Jahr und 2 Wochen das erste Mal in seinem Zimmer geschlafen. Es war komisch. Aber, irgendwann musste die Entscheidung kommen.

 

 

 

Das Wohl des Kindes/ der Kinder steht an erster Stelle. Das wird uns immer gesagt und das sehe auch ich so. Doch ich bin auch der Meinung, dass es dem Kind langfristig nur gut gehen kann, wenn es den Eltern gut geht. Wenn sie ausgeglichen sind, voller Energie für den Nachwuchs. Sind die Eltern nicht mehr zufrieden oder ist eine Situation nicht mehr tragbar, muss eine Veränderung her. Auch wenn diese Veränderung nicht im Sinne des Kindes zu sein scheint. Ich muss auch jetzt ab und zu feststellen, dass meine mütterlichen Qualitäten nachlassen. Ich bin tagsüber manchmal so schlapp und nicht mehr gewillt, mich nach seinen Bedürfnissen zu orientieren. Manchmal will ich nur für 10 min meine Ruhe haben. Doch so einfach ist das ja nicht. Wenn ich Karl abhole, ist er ausgeschlafen und fit wie ein Turnschuh. Und natürlich möchte er dann auch beschäftigt werden. Wie gesagt, ich bin manchmal etwas frustriert. Aber natürlich reiße ich mich zusammen und spiele mit ihm. Denn nicht mit ihm zu spielen oder ihnen Zeit schenken, das ist so ziemlich das schlimmste, was man seinen Kindern antun kann. Ihnen Schmerz zuzufügen, egal ob psychisch oder physisch, geht gar nicht.

 

 

 

Also gibt es jeden Tag aufs Neue Entscheidungen. Lasse ich ihn jetzt alleine im Wohnzimmer spielen, während ich kurz auf dem Stuhl sitze und für 5 min Mails checke? Kann ich das verantworten?

 

 

 

Soll ich ihn einfach mal für einen Nachmittag oder einen Samstag zu meiner Mutter bringen, um Kraft zu tanken? Ihn wegzugeben, soweit bin ich noch nicht. Natürlich war er schon mal bei meinen Eltern, als ich länger arbeiten musste. Aber so ganz freiwillig abgeben, während ich eigentlich die Zeit hätte? Oder an einem Wochenende, wo wir als Familie Zeit verbringen könnten? Also das wird noch zur Herausforderung und ich weiß nicht, wann ich zu dieser Entscheidung wirklich bereit bin.

 

 

 

Vielleicht werde ich in einigen Jahren schon darüber schmunzeln können. Vielleicht fügt sich alles.

 

 

 

Entscheidungen. Sie rauben uns manchmal den Schlaf, treiben uns in den Wahnsinn und den Schweiß auf die Stirn. Doch es führt kein Weg an ihnen vorbei. 

 

Manchmal muss man eine Tür schließen, damit sich die nächste öffnen kann.